Donnerstag, 8. Dezember 2016

An das kleine Mädchen - Teil 2

Unsichtbar. Sie wünscht sich nichts mehr, als das. Unsichtbar sein. Durch das Leben gehen, und nicht gesehen und somit nicht verurteilt, ausgelacht oder gehänselt zu werden. Ein großer Verlust wäre es ja nicht, wenn sie den Worten glauben kann, die sie jeden Tag hört. Oder nicht hört. Sie hört nicht, dass sie schöne große grüne Augen hat, die mit dem Licht ihre Farbe ändern. Sie hört nicht, dass ihr Lächeln den Raum mit Sonne flutet und dunkle Wolken vertreiben kann. Sie hört nicht, dass ihr kleines Gehirn schneller und wirkungsvoller arbeitet, als manche großen. Sie hört nicht, dass sie unglaublich kreativ ist und mit den einfachsten Mitteln die tollsten Dinge fabrizieren kann. Sie hört nicht, dass es nicht selbstverständlich ist, dass ein Kind stundenlang alleine spielen kann, ohne dass ihm langweilig wird. Sie hört nicht, dass sie nicht die einzige ist, die an einem schönen Tag allein zu Hause sitzt und denkt, dass alle anderen Kinder jetzt draussen sind und ohne sie zusammen spielen. Sie hört nicht, dass es nicht selbstverständlich ist, in der Schule sofort alles zu verstehen. Sie hört nicht, dass ihre Eltern stolz auf sie sind und dankbar, dass sie so ein problemloses Kind ist. Sie hört nicht, dass ihr die Welt offen steht und sie eines Tages dazu beitragen wird, sie zu verändern.

Und so sitzt sie in ihrem Klassenraum, träumt vor sich hin und meldet sich wieder einmal nicht, obwohl sie die Antwort weiss. Sie hofft, dass die Lehrerin sie nicht aufrufen wird, um sie vor der Klasse zu loben, oder sie als Aufsicht beruft, da sie kurz ins Lehrerzimmer muss. Sie hofft, dass sie dieses Mal durch die Pause kommt, ohne dass sie diese Worte hört. Vielleicht ist es sogar eine der Pausen, in der sie in der Menge untergeht und mitspielen kann. Manchmal fühlt sie sich sogar als Teil der Gruppe. Auch wenn sie nicht sicher ist, dass sie wirklich dazu gehört. Wäre das der Fall, würde sie nicht jeden Tag dazu gehören? Sie würde viel lieber zuhören und am Unterricht teilnehmen. Fragen stellen und noch so viel mehr lernen, als das, was die Lehrerin ihnen zu sagen hat. Aber dann würde sie nicht mehr unsichtbar sein, sondern im Mittelpunkt stehen. Und das ist zu gefährlich. Denn dort ist es hell und jeder kann sie sehen. Und Dinge nach ihr werfen.

Die Tür geht auf, und eine Frau mittleren Alters kommt in den Raum. Sie sieht sich um, und ihre Augen finden das kleine Mädchen. Ohne die Lehrerin oder den Rest der Klasse auch nur eines Blickes zu würdigen, geht sie direkt auf das kleine Mädchen zu. Es schaut zu ihr herauf, als sie direkt vor ihm steht. Sie geht in die Hocke, so dass beide auf Augenhöhe sind. Und sieht ihm direkt in die Augen. Dem Mädchen wird ganz warm und ihre Ohren ringen, als sie hört, was die Frau ihr zu sagen hat. Sie sagt, dass es schöne große grüne Augen hat, die mit dem Licht ihre Farbe ändern. Sie sagt, dass sein Lächeln den Raum mit Sonne flutet und dunkle Wolken vertreiben kann. Sie sagt, dass sein kleines Gehirn schneller und wirkungsvoller arbeitet, als manche großen. Sie sagt, dass es unglaublich kreativ ist und mit den einfachsten Mitteln die tollsten Dinge fabrizieren kann. Sie sagt, dass es nicht selbstverständlich ist, dass es stundenlang alleine spielen kann, ohne dass ihm langweilig wird. Sie sagt, dass es nicht das einzige Kind ist, das an einem schönen Tag allein zu Hause sitzt und denkt, dass alle anderen Kinder jetzt draussen sind und ohne es zusammen spielen. Sie sagt, dass es nicht selbstverständlich ist, in der Schule sofort alles zu verstehen. Sie sagt, dass seine Eltern stolz auf es sind und dankbar, dass es so ein problemloses Kind ist. Und sie sagt, dass ihm die Welt offen steht und es eines Tages dazu beitragen wird, sie zu verändern.

Während dem kleinen Mädchen die Tränen die Wangen herunterlaufen, blickt die Frau ihm noch fester in die Augen. Sie nimmt die kleinen Hände ihn ihre großen, schlanken warmen Hände und während sie sie drückt, sagt sie: "Versprich mir, dass du nichts davon vergisst. Egal was passiert, oder was andere zu dir sagen. Vergiss es nie." Das Mädchen schluckt, beginnt tapfer zu lächeln und nickt, erst unmerklich und zögerlich, dann heftiger und bestimmter. "Ich verspreche es. Ich werde es niemals vergessen."

Donnerstag, 19. Juni 2014

Einfach sagen

Liebe Sara,

ich muß zugeben, dieser Blogeintrag stammt aus der Reihe: "Tue was ich Dir sage und tue nicht, was ich tue." Ich bin nicht sehr gut darin, jemandem zu sagen was ich denke. Nicht immer. Hauptsächlich, wenn es darum geht, jemandem zu sagen, wenn er etwas nicht gut gemacht hat, mich verärgert oder verletzt hat oder wenn ich jemanden sehr gerne habe. Einerseits lasse ich Menschen in dem Glauben, dass sie alles richtig machen und ich mit ihrem Verhalten mir oder anderen gegenüber einverstanden bin. Andererseits passiert es mir oft, daß demand nicht merkt, wenn ich ihn sehr gern habe. Ganz einfach weil weder mein Verhalten noch das, was ich sage darauf hinweist, dass ich die Person gern habe.

Dabei ist das alles grundsätzlich ganz einfach. Sag anderen, wenn Du etwas nicht gut findest, was sie tun oder getan haben und sag ihnen, wenn Du sie magst. Gut, für alles gibt es ein paar Regeln und Grenzen. Ich habe genug Freunden und Kollegen weh getan mit unüberlegten Äußerungen. Manchmal ist es ganz offensichtlich zu sehen, dass das, was Du gerade gesagt hast wie eine Ohrfeige bei dem anderen angekommen ist. Manchmal hörst Du erst später, leider oft von Dritten, dass etwas das Du gesagt hast den anderen sehr verletzt hat. 

Wichtig ist auch wie Du es sagst. Es gibt genug Menschen, die mit Kritik überhaupt nicht umgehen können und dir knallhart ins Gesicht sagen, dass sie das ganz anders sehen. Blöd, wenn es sich bei der Person um Deinen Chef oder Lehrer handelt. Rumsbums wird Dir der blödeste Job aufgebrummt oder Du bekommst schlechte Noten. Es benötigt ein wenig Übung, Kritik so zu formulieren, dass sie von dem anderen nicht als negativ empfunden wird und er sich nicht angegriffen fühlt. Glaub mir, bis heute hab ich nicht herausgefunden, wie ich das am besten anstelle. Üben, üben, üben. Bisher hat es immer am besten funktioniert, wenn ich gut vorbereitet war und sehr freundlich aber auch bestimmt geblieben bin.

Wenn Du alles für Dich behältst, kann das sehr ernste Konsequenzen haben. Vor allem für Dich. Aufgestauter Ärger über das Verhalten anderer macht Dich auf die Dauer sehr unglücklich, schlecht gelaunt und im schlimmsten Fall hat es sogar gesundheitliche Konsequenzen. 

Also, alles in allem, raus mit dem, was die auf der Seele liegt. Aber immer gut vorbereitet!


Donnerstag, 1. Mai 2014

An das kleine Mädchen

Sie sitzt wieder dort. So wie fast jeden Nachmittag seit einigen Wochen. Entweder brütet sie über ihren Schulbüchern und -heften und macht Hausaufgaben oder lernt, oder sie ist in ein Buch vertieft. Hin und wieder wandert ihr Blick zur Glastür der Station. Unter dem Namen der Station befindet sich ein Schild "Kinder unter 14 Jahren haben keinen Zutritt." Der Grund weshalb sie hier draußen sitzen muß und nicht gemeinsam mit ihrer Mutter oder Vater bei ihrem Bruder im Zimmer sein darf. Sie verbringt nicht jeden Nachmittag hier. Manchmal kann sie nach der Schule zu einer Freundin oder ihrer Oma. Auch wenn sie dort weniger gelangweilt ist, ist es ihr lieber, hier zu warten. Manchmal, wenn sie Glück hat, öffnet sich die Tür und eine Schwester winkt sie mit Verschwörermiene in die Station hinein. Dann kann sie ein paar Minuten mit ihrem Bruder verbringen. Den sie so vermißt.

Der Bruder hatte den Unfall. Der Bruder wurde so schwer verletzt, daß es schon ein großes Glück war, daß er ihn überlebt hat aber nahezu an ein Wunder grenzt, daß er so schnell wieder auf dem Weg der Besserung ist. Ihre Eltern sind sehr besorgt und versuchen, jede freie Minute mit ihm zu verbringen und alles zu tun, damit es ihm wieder besser geht. Zum Glück hatten sie eine Unfallversicherung, so daß neben der Sorge um ihren Bruder nicht auch noch Geldsorgen hinzukamen. Aber dennoch, das kleine Mädchen macht sich viele Gedanken. Ganz oben Gedanken um ihren Bruder. Wird er wieder gesund? Wann kommt er wieder heim? Wann ist er wieder so wie früher? Kommt er vielleicht gar nicht wieder nach Hause? Dann um ihre Eltern. Wie kann sie sicherstellen, daß sie nicht noch mehr Sorgen bekommen? Wann sind sie endlich wieder so gut gelaunt und sorglos wie früher?

Ihr Gesicht hat zu viele Sorgenfalten für ihr Alter. Aber man sieht ihr an, daß sie tapfer sein will. Sie möchte ihren Eltern nicht noch mehr Kummer bereiten. Sie wird ihnen nicht zeigen, daß sie wahnsinnige Angst hat, ihren Bruder zu verlieren. Sie wird ihnen nicht davon erzählen, was in ihr vorgeht. Die kalte Hand, die sich ständig um ihre Kehle legt und ihr das Atmen so schwer macht. Sie wird es allein schaffen, diese Angst in den Griff zu bekommen. Sie muß und sie wird stark sein. Ihrem Bruder zuliebe.

Eines Nachmittags taucht eine Frau in der Klinik auf. Sie muß Mitte Dreißig sein, sieht aber jünger aus. Sie ist groß, sportlich und ihr Gang aufrecht und selbstbewußt. Sie wirkt entspannt und glücklich und irgendwie hat ihr Erscheinen den Raum verändert. Es ist alles ein wenig sonniger und heller. Lächelnd geht sie auf das Mädchen zu, kniet vor dem Tisch an dem es sitzt, um auf Augenhöhe zu gelangen. Das Mädchen schaut auf und runzelt für einen Moment die Stirn. Dann breitet sich Erkennen auf seinem Gesicht aus. Es lächelt und seine Augen beginnen zu glitzern. Tränen rollen ihre Wangen herunter. Es blickt der Frau fest in die Augen und nickt unmerklich. Es weiß, wer die Frau ist und weshalb sie hier ist. Und daß es sich von nun an keine Sorgen mehr machen muß.

Sonntag, 23. Februar 2014

Zum Fürchten

Liebe Sara,

im Leben gibt es einiges, was uns nicht geheuer ist oder sogar ganz gewaltig Angst einjagt. Dafür gibt es viele Gründe. Oft liegt Furcht vor etwas einfach nur daran, daß es uns neu und unbekannt ist und wir nicht wissen, was wird davon halten sollen. Wir wissen nicht, ob es uns gefährlich werden und Schaden zufügen kann. Oder aber, im umgekehrten Fall, wissen wir ganz genau, was uns erwartet und fürchten uns genau deshalb. Grundsätzlich ist Furcht etwas ganz Natürliches und sogar etwas Gutes. Sie läßt uns vorsichtig an etwas herangehen, was ungut für uns ausgehen könnte. Wir leben länger, dank ihr. Aber sie kann auch sehr negativ sein, uns von etwas sehr schönem abhalten, oder aber sogar zu sehr schlimmen Dingen veranlassen.

Unbekannte Dinge, vor denen wir uns fürchten, kommen in ganz unterschiedlichen Formen vor. Das erste Mal mit einem Flugzeug fliegen, Auto fahren, Fahrrad fahren, schwimmen ohne Schwimmflügel. Eine Reise an einen Ort, an dem wir noch nie waren, fremde Menschen, die vielleicht so ganz anders aussehen und reden als wir. Gefühle, die wir noch nie vorher hatten oder eine Aufgabe, die wir noch nie vorher ausgeübt haben.

Nun, die Furcht kann nun unterschiedliches bewirken. Im schlimmsten Fall versuchen wir erst gar nicht, uns dem neuen zu stellen und sagen einfach "Ich kann das nicht.", "Ich bleibe zu Hause und reise nicht.", "Ich will nichts mit dieser Person zu tun haben.", "Ich gehe allem aus dem Weg, was dieses Gefühl in mir hervorruft." und, etwas das ich ganz gern getan habe, als ich noch klein war, wir pressen unseren Mund zusammen und gehen lieber hungrig ins Bett, als das komisch aussehende grüne Gemüse oder den stinkenden weichen Käse auf unserem Teller zu probieren.

Die andere Art, damit umzugehen, ist Furcht in Neugier und Interesse zu verwandeln. Zunächst einmal solltest Du dich fragen, warum genau Du dich fürchtest. Du hast Angst, mit dem Flugzeug abzustürzen, vom Fahrrad zu fallen und Dir wehzutun, das Auto kaputt zu fahren, dich in einer fremden Umgebung zu verlaufen und nicht nach Hause zu finden. Du weißt nicht, ob dir die fremde Person gut oder böse gestimmt ist und denkst, Du kannst dich nicht mit ihr verständigen. Du bemerkst wie dein Körper auf Dinge in einer Weise reagiert, wie er es noch nie zuvor getan hat und Du sorgst dich, daß das vielleicht nicht gut für deine Gesundheit sein könnte. Und Du hast Angst, die neue Aufgabe nicht zu schaffen und von anderen ausgelacht oder als Versager angesehen und bezeichnet zu werden.

Sich über den Grund für die Angst im klaren zu sein ist ein wichtiger Schritt. Denn nur so kannst Du dir Informationen beschaffen, die dir helfen, deine Sorgen zu beschwichtigen. Zum Beispiel gibt es jede Menge Informationen darüber, wie sicher das Reisen mit dem Flugzeug ist. Es ist viel gefährlicher, mit dem Auto zu fahren (vor allem mit deiner Mutter im Auto zu fahren. Glaub mir, ich weiß, wie sie Auto fährt :-)). Es gibt Fahrschulen, die Dir langsam beibringen, Auto zu fahren und die Verkehrsregeln zu verstehen und zu beachten. Du kannst andere beim Fahrradfahren beobachten und sie fragen, wie es funktioniert und mit Stützrädern so lange üben, bis Du dich sicher genug fühlst, es ohne zu wagen. Du kannst Schwimmunterricht nehmen und im flachen Wasser beginnen und üben, so dass Du vor dem tiefen Wasser keine Angst mehr haben musst. Du kannst viel lesen über andere Orte. Viele Menschen, die dort wohnen oder schon dort hingereist sind, haben bereits Informationen gesammelt und in Reiseführern oder Landkarten dokumentiert, so dass es für Dich viel einfacher ist, Dir ein Bild von einem Ort zu machen und Dich zu orientieren. Fremde Menschen lassen sich in den meisten Fällen durch ein Lächeln und ein freundliches Wort, egal in welcher Sprache, "entwaffnen". Gut, das reicht nicht immer aus. Aber generell solltest Du annehmen, daß es der anderen Person genauso geht wie Dir. Sie weiß nicht, wer Du bist und ob Du freundlich gesinnt bist. Und somit ist das beste in dieser Situation, der anderen Person so zu begegnen, wie Du dir wünscht, daß sie Dir begegnen würde.

Eine neue Aufgabe, entweder in einer Schularbeit, beim Sport, oder bei der Arbeit, kann auch sehr furchteinflößend sein. Für mich war es das schlimmste, ein Referat oder einen Präsentation vor meiner Klasse oder einer Gruppe von Kommilitionen oder Kollegen halten zu müssen. Ich war tagelang vorher nervös und habe mir die schlimmsten Dinge ausgemalt. Und die ersten Male war ich auch alles andere als gut. Ich habe leise gesprochen, gestottert, auf den Boden geguckt und nur von meinem Blatt abgelesen. Und einmal, als ich bei der Arbeit meinen ersten Vortrag auf Englisch halten mußte, vor etwa 50 Kollegen, habe ich doch tatsächlich den Faden verloren. Ich stand vor meinen Kollegen und wußte nicht mehr, was ich als nächstes sagen oder tun wollte. Mir wurde heiß und kalt, ich war kurz davor, in Tränen auszubrechen und aus dem Raum zu laufen. Ich schaute für etwa dreißig Sekunden schweigend auf meinen Computer und merkte, wie meine Kollegen langsam unruhig wurden und es ihnen unangenehm war, mich so zu sehen. Irgendwie habe ich es geschafft, den Vortrag zu Ende zu bringen. Und da ich wußte, daß es besser ist, Fehler einzugestehen und darüber zu lachen also so zu tun als sei nichts passiert, tat ich genau das vor der ganzen Gruppe, ich gestand ein, daß ich gerade keinen guten Vortrag gehalten habe. Und wurde mit Applaus und erleichtertem Lachen belohnt. Keiner hat es mir übel genommen. Ganz im Gegenteil, jeder einzelne aus der Gruppe kann sich heute noch an mich erinnern und einige waren dankbar zu sehen, daß sie es mit einem Menschen zu tun hatten und nicht mit einer Maschine. Und für mich war dieses Erlebnis unglaublich lehrreich. Seitdem habe ich zahllose Vorträge vor sogar viel größeren Gruppen gehalten und war viel entspannter. Schließlich was das schlimmste, was passieren konnte bereits passiert. Und ich hatte es heil überstanden. Was konnte da noch schlimmeres kommen?

Eine gute Methode, mit neuen Aufgaben umzugehen ist, andere um Rat zu fragen. Meistens gibt es jemanden, der sich damit bereits auskennt und bereit ist, Dir zu helfen. Bei schwierigen Matheaufgaben, hat mir Dein Opa oft geholfen und mir so einiges beigebracht. Im Vergleich zu meinem Mathelehrer war er um einiges ermutigender und dank ihm weiß ich, daß ich ganz gut bin in Mathe. Bei der Arbeit habe ich oft ältere und erfahrenere Kollegen um ihre Meinung oder Hilfe gebeten. Manchmal hilft es auch, einem Kollegen zu erklären, was man macht und allein über Dein Problem zu reden, hilft Dir die Antworten zu finden. Auch wenn es mir oft schwer fällt, andere um Hilfe zu bitten, freut sich jeder, den ich frage. Ich helfe auch gerne anderen und Du sicherlich auch. Auch hier ist es gut, sich vorzustellen, wie es wäre, wenn jemand Dich um Hilfe bitten würde, sich in die andere Person hineinzuversetzen. Meist ist es für den anderen eine Freude oder sogar Ehre, Dir helfen zu können und sich nützlich zu fühlen.

Neue Gefühle können Dich ziemlich durcheinanderbringen. Zum ersten mal Angst zu haben. Deine Hände schwitzen, Dein Atem geht schneller, Du bist unruhig und möchtest am liebsten weglaufen oder Dich in ein Versteck verkriechen. Das sind ganz natürliche Instinkte. Eine Gazelle hat Angst, wenn sie die Löwen sieht. Und sie rennt so schnell sie kann davon. Und rettet ihr Leben. Für uns Menschen muß weglaufen nicht immer das richtige sein, wie ich weiter oben geschrieben habe.

Zum ersten Mal verliebt sein. Auch das ist ein sehr beunruhigendes Gefühl. Du magst etwas ähnliches bereits kennen, das Gefühl für deine Eltern, deine Schwester und Opa und Oma. Besonders stark ist es, wenn es ihnen nicht gut geht, wenn es gemischt ist mit Angst. Der Angst, daß ihnen etwas passieren und sie plötzlich nicht mehr dasein könnten.

Aber dieses Gefühl gibt es auch in einer anderen Version. Üblicherweise nur für eine Person zur selben Zeit. Allein der Gedanke an diese Person lässt dein Herz schneller schlagen. Du bist aufgeregt und kannst nichts essen, wenn Du weißt, daß Ihr Euch bald seht. Und die Zeit in der Gegenwart des anderen scheint doppelt so schnell zu vergehen, während die Zeit des Wartens darauf, den anderen wiederzusehen, dahinzuschleichen scheint. Du hast noch ein paar Jahre Zeit, bis es Dir so gehen wird. Was ich Dir raten kann ist, jeden Moment davon zu geniessen. Neugierig zu sein, und nichts zu unterdrücken, auch den negativen Seiten mit Interesse zu begegnen. Sie machen die guten Seiten um so wertvoller. Verliebtsein ist das schönste Gefühl auf der Welt und es gibt keinen Grund, davor Angst zu haben.

Dienstag, 12. November 2013

Glück

Liebe Sara,

Du glaubst gar nicht, wie viel Zeit jeder Mensch in seinem Leben verschwendet. Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre seiner kostbaren Lebenszeit. Und damit meine ich nicht damit, am Computer oder vor seinem Handy zu sitzen und im Internet zu surfen oder kleine bunte Vögel auf Schweine oder andere Lebewesen zu schleudern. Nein, ich spreche davon, sich unnötige Gedanken zu machen, Trübsal zu blasen, zu denken, daß Dich niemand leiden kann, sich Sorgen zu machen über morgen und gestern, sich zu ärgern über Dinge, die man nicht oder nicht mehr ändern kann. Und während man das tut, vergehen Stunden, Tage, Wochen, Monate und Jahre, die man mit so vielem anderen und schönerem verbringen könnte. An der frischen Luft spielen, Suchen und Verstecken mit Deinen Freunden, Rollschuhlaufen, Schwimmen, Radfahren, Trampolin springen. All das läßt diese Gedanken verschwinden. Und am Ende des Tages, hast Du etwas, an das Du dich gerne erinnerst, wovon Du anderen erzählen kannst. Etwas, das Dich glücklich macht!

Das schöne mit Glück ist, daß Du nicht krampfhaft danach suchen mußt. Es ist nicht notwendig, mit aller Anstrengung dem Glück hinterherzulaufen. Viel Geld zu verdienen, berühmt zu werden, schöne Dinge zu besitzen, einen Mann zu finden und eine Familie zu gründen, gesunde und erfolgreiche Kinder und ein großes Haus zu haben. Nein, viel einfacher. Tue all das, was Du tust, mit Hingabe und Leidenschaft.

Wenn Du schwimmst, dann schwimmst Du. Deine Arme und Beine bewegen sich wie von selbst. Sie wissen genau, was zu tun ist. Du atmest, wie Du es gelernt hast. Wenn Du etwas neues lernst, dann lass Dich nicht entmutigen, wenn es anfangs gar nicht funktioniert oder sehr schwer ist. Versuche es einfach erneut. Immer und immer wieder. Frage andere, die es besser können, was Du besser machen kannst. Und irgendwann, eines Tages, klappt es einfach. Du bekommst die Mathearbeit zurück, bei der das einzige Rot die "1" und der Smiley des Lehrers ist. Fehlerlos sagst Du das lange Gedicht auf, das so schwer auswendig zu lernen war. Du springst vom Dreimeterbrett mit einem perfekten Salto, ohne daß auch nur ein Spritzer Wasser zuviel beim Eintauchen entsteht. Du fragst im Urlaub jemanden auf Englisch nach dem Weg und verstehst tatsächlich die Antwort. Dein erster selbstgebackener Kuchen. All das sind Dinge, die Dich glücklich machen können, wenn Du nur richtig hinschaust und in Dich hineinhörst.

So einfach ist es, glücklich zu sein.







Montag, 14. Januar 2013

Bin ich schön?

Liebe Sara,

eigentlich solltest Du dich selbst am besten kennen. Wissen, was Du kannst, was Du nicht kannst, wie viel Du wiegst und wie Du aussiehst. Eigentlich. Oft hast Du selbst aber ein ganz anderes Bild von Dir als andere. Du denkst, Du bist dick, häßlich, dumm oder ungeschickt. Auch wenn solche Gedanken oft aufkommen, bist Du tatsächlich meistens die einzige, die das von Dir denkt.

Da ist zum Beispiel dieser riesengroße Pickel mitten in meinem Gesicht. Jeder, der mich ansieht, sieht nur den Pickel.  Mein ganzes Gesicht ist ein einziger Pickel. Er puckert und leuchtet knallrot. Es fühlt sich an, als ob man eine Discokugel im Gesicht hat.

Während Du all diese Gedanken denkst und das Gefühl hast, Dich starre jeder an, sieht niemand sonst diesen Pickel. Und selbst wenn. Andere haben selbst genug zu tun, sich Gedanken um ihre eigenen Pickel zu machen, die kein anderer sieht, um sich für Deinen Pickel zu interessieren. Dennoch, wenn alles nichts hilft und Du einfach nur noch an diesen Pickel denken mußt, dann rate ich Dir folgendes. Frag einfach andere, ob ihnen etwas an Deinem Gesicht auffallen würde. Und ich verspreche Dir, in 9 von 10 Fällen, werden sie Dir lediglich sagen, daß es ein außerordenlich hübsches Gesicht ist, daß Du schöne blaue Augen und lange Wimpern hast, daß Deine Haut sehr rosig und frisch aussieht. Den Pickel werden sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht erwähnen.

Mittwoch, 26. September 2012

Freunde

Freunde zu haben ist toll. Du kannst gar nicht genug Freunde haben im Leben. Es ist etwas großartiges, jemanden in Deinem Leben zu haben, der Dich, auch wenn er nicht mit Dir verwandt ist, liebt und begleitet. Entweder das ganze Leben oder nur einen Teil davon. Du teilst Deine Geheimnisse mit ihnen, bist bei ihnen in schweren und traurigen Zeiten, oder sie bei Dir. Du lachst mit ihnen, bis Euch die Tränen kommen oder weinst,  bis ihr anfangt zu lachen. Du fliehst zu ihnen, wenn Du dich von Deiner Familie nicht verstanden fühlst, Ihr lernt gemeinsam für Klassenarbeiten und Prüfungen und freut Euch über die Erfolge des anderen. Ihr kommt zu spät nach Hause und ertragt das Donnerwetter Eurer Eltern gemeinsam, weil der Abend einfach zu toll war, um zur vereinbarten Zeit nach Hause zu kommen. Ihr teilt Erinnerungen an verrückte, schräge, traurige, lustige und unglaubliche Erlebnisse. Ihr streitet und redet tagelang nicht miteinander, aber versöhnt Euch dann schließlich wieder, weil Ihr es einfach nicht ohne einander aushaltet. 

Nicht jeder Freund bleibt für immer bei Dir. Freunde verlassen Dich aus den unterschiedlichsten Gründen. Manche ziehen in eine andere Stadt oder ein anderes Land. Ihr versucht, in Kontakt zu bleiben, aber das erfordert sehr viel Arbeit. Briefe schreiben, telefonieren. Moment, das war zu meiner Zeit :-). Heute sind es E-Mails, Skype, SMS oder vielleicht auch Anrufe. Wobei handgeschriebene Briefe das beste ist, was es gibt. Sie kommen nicht so oft wie E-Mails, sie riechen nach der Person, die sie geschrieben hat, sie bedeuten, daß diese Person viel Zeit und Gedanken investiert hat. Ich kann mich noch gut an das Gefühl erinnern, wenn endlich wieder ein Brief im Briefkasten lag, mit meinem Namen und meine Adresse in der so bekannten und geliebten Handschrift. Ich habe ihn ganz feierlich in mein Zimmer getragen und eine Weile betrachtet. Und dann langsam geöffnet und gelesen. Und noch einmal gelesen. Und wieder... Und dann habe ich ihn meinen anderen Freunden gezeigt. 


Andere Freunde sind plötzlich nicht mehr Deine Freunde. Du weißt nicht genau, was passiert ist aber von einem Tag auf den anderen ignorieren sie Dich, kennen Dich nicht mehr. Sie reden mit anderen über Dich, lachen über Dich, lästern und sind gemein zu Dir. Und Du hast keine Ahnung, was Du gemacht hast, was sich über Nacht geändert hat, um das zu verdienen. Ich wünschte, ich hätte damals den Abstand und die Erfahrung gehabt, die ich heute habe. Ich war einfach zu naiv um zu verstehen, daß nicht ich schuld war. Manche Freunde sind einfach keine Freunde. Sie haben es nicht verdient, mit Dir befreundet zu sein. Sie sind es nicht wert. Sie nutzen Dich aus, sind nur auf Ihren eigenen Vorteil aus. Oft merkst Du das erst sehr spät. Du denkst, es liegt an Dir. Versuchst, dem anderen alles recht zu machen, um Streit aus dem Weg zu gehen. Aber nach und nach wird das immer anstrengender. Du merkst, daß Du dich verbiegst und gar nicht mehr Du selbst bist, wenn Du mit dem anderen zusammen bist. Und spätestens dann solltest Du überlegen, ob Du immer noch mit diesem Menschen befreundet sein willst. Und dann triffst Du vielleicht eine der schwersten Entscheidungen, die es gibt. Du beendest die Freundschaft. Und es wird klar, daß das niemals eine richtige Freundschaft war.


Richtige Freundschaften überstehen viel. Manchmal, in sehr glücklichen Fällen, überdauert die Freundschaft eine geographische Trennung. Trotz der Entfernung und manchmal auch trotz des Zeitunterschiedes. Der eine bleibt länger, der andere steht früher auf. Und wenn Ihr Euch dann alle paar Monate, oder vielleicht auch nur alle paar Jahre wieder seht, ist alles wie immer. Kein Fremdeln, keine Berührungsängste. Ihr seid Freunde, daran können die Entfernung oder die Wochen, Monate, gar Jahre ohne Kontakt nichts ändern. Ihr kennt Euch, seid füreinander da, versteht Euch blind.


Wenn Dich Freunde ein Leben lang begleiten, dann ist es etwas besonderes. Freundschaften aufrechtzuerhalten, erfordert viel Arbeit aber es lohnt sich. Stell Dir vor, Du bist 90 Jahre alt und hast noch jemanden, mit dem Du dich gemeinsam an die Schulzeit erinnern kannst, der weiß, wie Du als Kind aussahst, der die gleichen Lehrer hatte, sich genau wie Du an Deinen ersten Kuß erinnern kann. 


Das traurigste Ende einer Freundschaft kommt hoffentlich erst nach einer sehr langen Zeit. Dein Freund stirbt. Niemand sollte das erleben müssen. Wenn Du erfährst, daß ein Freund gestorben ist, kannst Du es erst nicht glauben. Du erwartest, daß er jeden Moment um die Ecke kommt und Dir lachend sagt, daß das alles nur ein böser Scherz war. Und das denkst Du eine lange Zeit immer noch. Es wird nicht besser. Einen Arm oder ein Bein zu verlieren wäre einfacher. Ein so großer, wichtiger Teil von Dir ist gegangen. Für immer. Und wird niemals wiederkommen. Vergiß nie, über all der Trauer und dem Schmerz: einen Freund gehabt zu haben, für den Du so viel Trauer empfindest, der Dir so sehr fehlt, ist etwas ganz besonderes. Sei dankbar dafür und halte jede Erinnerung in Ehren. Schreibe sie auf, um niemals zu vergessen, was Ihr hattet. Das wunderbarste auf dieser Wellt: Gute Freunde!